Am weißen Strand von Vagator in Goa laufen täglich fünf
Frauen auf und ab. Sie verkaufen frisches Obst, das sie morgens um acht auf dem
Markt gekauft haben. „Many
Russian people are coming to Goa but since two years it’s not a good business. Lesser
people are coming” klagt die 31-jährige Sinah. Bis achtzehn Uhr ist sie in der
heißen Sonne des kleinsten Bundesstaates Indiens auf den Beinen, um ihre Ware
für den zehnfachen Preis an die Touristen zu verkaufen. Umgerechnet verdient
sie bei jedem Kunden etwa 1,00€, im Angebot sind Wassermelone, Papaya,
Kokosnuss, Mango und Banane. „This
is a small business. When I’m coming home I have earned nearly 1200
Rupees (15€)”, die sie dann in die Versorgung ihrer Familie investiert.
Einen Junge und ein kleines Mädchen hat sie zu versorgen, beide gehen auf eine „Hindi-Intermediate-School“,
die Schule kostet sie 3000 Rupien pro Schuljahr.
Solche ziehenden Händler wie Sinah, gehen täglich die
Strände auf und ab, die Wenigsten haben eine Lizenz um dort ihre Waren zu
verkaufen und müssen sich vor der Polizei in Acht nehmen. Es ist vorgesehen,
dass die Händler sich in der „National Association of Street Vendors of India“(NASVI)
anmelden, um dort verkaufen zu dürfen. Diese Anmeldung kostet nicht viel, ist
aber nur mit hohem Zeiteinsatz und bürokratischen Aufwand verbunden. Für
saisonale Händler, die nur für drei Monate diesem Geschäft nachgehen, ist es sehr
umständlich. Wenn sie keine Lizenz vorweisen können, werden sie gewalttätig des
Platzes verwiesen und im schlimmsten Fall wird die Ware konfisziert.
Der Arbeitsmarkt in Indien ist in zwei Bereiche aufgeteilt,
den offiziellen und den inoffiziellen Arbeitsmarkt. Alle steuerlich
registrierten Unternehmen und Regierungsorganisationen fallen in den ersten
Bereich, alle kleinen Einzelunternehmer wie Farmer, Zeitungsverkäufer, Tagelöhner,
Haushaltshilfen, Obst- und Gemüsehändler müssen keine steuerlichen Nachweise
bringen. Dieser Bereich bringt wenig Einkommen für die Arbeiter ein, jedoch
macht er einen Großteil des indischen Arbeitsmarktes aus. Rund 95% der
indischen Arbeiter sind nach einer Studie der indischen Regierung aus dem Jahr
2005 (Studie veröffentlicht in 2012) in diesem Bereich tätig. Diese Regelung
ermöglicht viel Spielraum für schwarze Märkte, ist aber auch eine einfache
Lösung für Ungelernte mit niedriger Investition, eine schnelle und unkomplizierte
Einnahmequelle zu haben.
Lakshmi (16) erzählt uns, dass sie für ihre Familie an den
Stränden Goas Geld verdient, sie kommt aus dem benachbarten Karnataka. Im
Angebot ist Schmuck, gefertigt aus billigem Stahl, so wie man sie hier an jeder
Ecke bekommt. Ihr Einkommen lässt sie wöchentlich nach Hause schicken. Sobald
die Saison vorbei ist, geht sie wieder in Karnataka arbeiten, doch dort
verdient sie als Gelegenheitsarbeiterin höchstens 200 Rupien (2,50€) pro Tag. Ihre
Mutter kann nach einem Unfall nicht mehr außerhalb des Hauses arbeiten und ihr
Vater ist Rikscha-Fahrer. Vier Brüder und drei Schwestern warten zu Hause, sie
ist die Älteste und trägt somit die Verantwortung für ihre Geschwister. Sie
sollen alle eine höhere Schule besuchen, um einen besser bezahlten Beruf zu
bekommen, am besten bei der Regierung.