Mittwoch, 20. November 2013

Pray, Eat and Sleep

Jeden Tag geht Shovadas in einen Witwen-Ashram und singt 10 Stunden Bhajan, einen religiösen Meditationsgesang, dessen Wiederholungen die Liebe und Hingabe zu Gott ausdrücken. Hierfür bekommt sie zwei Mahlzeiten am Tag und manchmal auch ein paar Rupien. Wir sind in Radha Kund, der Stadt in der Krishna und seine Geliebte Radha Mohan zusammenfanden und ihre Liebe ausleben konnten. Viele Pilger, aber auch mittellose Witwen und Frauen kommen hierher und bekommen eine Zuflucht.

Shovadas ist keine Witwe, kam jedoch vor 25 Jahren aus Kalkutta hierher, weil sie kein Geld für eine Heirat aufbringen konnte. Ihre Eltern starben früh und so wurde sie zur Sängerin und Schauspielerin ausgebildet. Mit diesem Beruf ist es schwierig einen Ehemann zu finden, da diese Berufsgruppe als verrucht und unzüchtig gilt. Außerdem verdient man nicht genug Geld um die nötige Mitgift für die Familie des Ehemannes aufzubringen. 

Voller Stolz zeigt sie uns ihre Fotografien aus einer Zeit „die schon längst vorüber ist“, schließt das blaugebundene Album und legt es in ihre Behausung unweit der belebten Straßen. Dort hat sie ein sauberes Zimmer nur für sich und Radharani - eine göttliche Form in der Krishna und Radha Mohan glücklich vereint sind. Ihr Altar bestehend aus zwei Gottheiten aus Stein wird bei Sonnenauf- und –untergang von ihr verehrt, das gibt ihr Lebensenergie und Freude. Eine Beziehung zu einem Mann wäre für sie undenkbar, sie „benutzen dich nur und schmeißen dich danach einfach weg“ vertraut sie mir nach dem Interview an. Die einzige Beziehung die der 65-jährigen Liebe und Vertrauen gibt ist ihre zu Gott.

Es sollen rund 15 000 Frauen sein, die meist aus dem erzkonservativen West Bengalen nach dem Tod ihres Ehemannes den Weg nach Vrindavan und Umgebung finden. Eine Frau ist ohne einen Ehemann nichts Wert, dürfen nur bestimmte Nahrung zu sich nehmen und werden wie die unterste Kaste der Unberührbaren als „unrein“ angesehen. Selbst die farbenfrohen Saris bleiben ihnen verwehrt, sie müssen für alle erkennbar einen weißen Sari tragen. Der Tradition folgend, tragen sie ihr Schicksal, ohne es zu hinterfragen, bis sie sterben. 

Shovadas ist nach der direkten Frage nach einem Wunsch für ihr weiteres Leben zurückhaltend und bescheiden. Später sagt sie, dass sie einen leeren Raum kennt, in dem Kinder unterrichtet werden könnten. Auch für sie steht fest, dass eine gute Schulbildung und Erziehung der Weg aus der unterpriviligierten Stellung der Frau ist.

Wenn ihr mehr über indische Witwen wissen wollt, schaut euch den Film „Water“ von Deepa Metha an.

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